Futter-Farb-Code in der Tiefsee

Krebse können nahrhaftes Plankton vermutlich an blauem Leuchten erkennen
Blaues Plankton (oben) treibt an bläulichgrüner Koralle vorbei.
Blaues Plankton (oben) treibt an bläulichgrüner Koralle vorbei.
© Sönke Johnsen, Duke University
Durham (USA) - Obwohl es in den Tiefen der Ozeane kaum Licht gibt, erkennen Tiefseekrebse ihr Futter womöglich an der Farbe. Anhand der Biolumineszenz könnten sie tatsächlich nahrhaftes, blau leuchtendes Plankton von wenig schmackhaften oder sogar giftigen, bläulichgrün leuchtenden Korallen unterscheiden, auf denen sie zum Teil leben. Das legen Untersuchungen von US-Biologen nahe, über die sie im „Journal of Experimental Biology“ berichten.

„Man kann es Farb-Codierung der Nahrung nennen“, sagt Sönke Johnsen von der Duke University. Die Tiere könnten ihr Farbunterscheidungsvermögen einsetzen, um Essbares und Nicht-Essbares auseinanderzuhalten. Johnsen, Tamara Frank von der Nova Southeastern University und deren Kollegen waren nördlich der Bahamas mit einem Tauchboot bis in rund 1.000 Meter Tiefe vorgedrungen und hatten dort vorsichtig einige Tiere eingesammelt und an die Oberfläche gebracht. So konnten sie nicht nur das Leuchten der Tiefsee-Organismen unmittelbar beobachten und aufzeichnen, sondern auch später, wieder im Labor angekommen, die Krebse untersuchen.

Es ist allerdings eine Herausforderung, zu beurteilen, ob das beobachtete Verhalten überhaupt ansatzweise normal ist. Denn der Besuch der Biologen im Tauchboot und eingesetzte Hilfsmittel wie Netze und ferngesteuerte Fahrzeuge stören die Tiere vermutlich massiv. „Wahrscheinlich erhalten wir Video-Material von blankem Terror“, sagt Johnsen. „Damit stecken wir in dem fest, was ich Forensische Biologie nenne. Wir sammeln Informationen über die Tiere und ihren Lebensraum und versuchen dann zusammenzufügen, welche Geschichte am wahrscheinlichsten passiert ist.“ Hier sähe die Geschichte so aus, als würden die Krebse ihre Nahrung anhand eines Farbcodes erkennen.

Die Biologen wurden zudem mit der Tatsache konfrontiert, dass die Wahrnehmung des menschlichen Auges weitaus empfindsamer ist als das, was Technik abzubilden vermag. „Das verleiht einem Respekt für das eigene Sehvermögen“, erzählt Johnsen. „Wir können die Biolumineszenz prima sehen, aber sie mit einem Instrument oder einer Kamera aufzunehmen, ist sehr viel schwieriger.“ Daher sind die Farben dieses von den Tiefseelebewesen erzeugten Leuchtens auf den Aufnahmen auch nicht ganz so gut zu erkennen. „Darum messen wir Spektren, um das zu erhärten“, erklärt Johnsen gegenüber Wissenschaft aktuell. „Aber Spektren sind langweilig anzusehen.“

Die von den Forschern untersuchten in der Tiefsee lebenden Krebse haben außerdem noch einen weiteren, ganz entscheidenden Vorteil: Ihr Farbunterscheidungsvermögen ist in diesem Farbbereich zwischen beinahe Ultraviolett und Blaugrün besonders gut ausgeprägt. Die vermutliche Farbwahrnehmung einiger verschiedener Krebstiere konnten die Biologen in Experimenten im Labor nachvollziehen. Dort stellten sie mittels sogenannter Elektroretinographie fest, welche Lichtfarben die eingesammelten Krebstiere zu sehen vermögen. Dabei werden elektrische Impulse der Nervenzellen im Auge bei unterschiedlichen Lichtintensitäten und -farben gemessen.

© Wissenschaft aktuell


 

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