Flugroboter für den Kollisionskurs

Wie Insekten: Statt Hindernisse zu vermeiden, kann fliegender Ball unterwegs von Hindernissen einfach abprallen
Der Flugkörper des ultraleichten „Gimball“ bleibt innerhalb des frei rotierenden Schutzkäfigs stets aufrecht.
Der Flugkörper des ultraleichten „Gimball“ bleibt innerhalb des frei rotierenden Schutzkäfigs stets aufrecht.
© EPFL/Alain Herzog
Lausanne (Schweiz) - Wer lange in der Luft bleiben will, sollte möglichst nirgends anstoßen – doch diesen ehernen Grundsatz für Flieger, Vögel und oder auch Flugroboter haben Schweizer Forscher jetzt ins Gegenteil verkehrt: Ihr fliegender Roboter übersteht Kollisionen problemlos, denn ihn umgibt ein flexibler ballförmiger Schutzkäfig aus leichtem Kohlefaserstäben. So kommt er, anstoßend und abprallend, auch in sehr unübersichtlicher und hindernisreicher Umgebung vorwärts – ideal für den Einsatz in Katastrophengebieten, sogar bei Rauch in der Luft, sagen seine Entwickler. Weil der „Gimball“ auf die üblichen komplexen, eher schweren und empfindlichen Sensoren zur Kollisionsvermeidung verzichten kann, wiegt er weniger als ein Fußball. Testflüge durch einen dichten Wald hat er erfolgreich bewältigt. Nun soll er auf der Internationalen Robotik-Ausstellung IREX ab dem 5. November in Tokio präsentiert werden.

„Die Idee war, den Korpus des Roboters nach einer Kollision in Balance zu halten, damit er auf seiner Flugbahn bleiben kann“, erklärt Adrien Briod, Doktorand an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne EPFL: „Seine Vorgänger waren nicht stabilisiert und neigten dazu, nach dem Aufprall in wahllose Richtungen zu fliegen“. Das passende Stabilisierungssystem entwickelt Briod gemeinsam mit Ingenieur Przemyslaw Mariusz Kornatowski im EPFL-Labor für Intelligente Systeme LIS. Im Zentrum eines doppelten Ringrahmens aus Karbonfasern bleibt der Hauptkörper mithilfe eines Gyroskops stets aufrecht. Derweil absorbiert die umgebende Käfigkugel – mit 34 Zentimetern Durchmesser und einer Wabenstruktur wie ein Fußball – elastisch jeden Aufprall. Ein Zwillingspropeller hebt den nur 370 Gramm schweren Flugroboter in die Lüfte und treibt ihn vorwärts, vier Steuerflächen unterstützen die Lenkung.

Beim Herumsirren erinnert der „Gimball“ akustisch an die Insekten, die laut Briod als Vorbild dienten: „Fliegende Insekten stecken Kollisionen gut weg. Für sie ist solches Anstoßen nicht wirklich ein Unfall, denn sie sind so konstruiert, dass sie dabei zurückprallen.“ Entsprechend robust zeigte sich auch der Schweizer Prototyp bei seinem Testflug durch einen Nadelwald bei Lausanne. Nur mit Kamera, Kompass und Höhenmesser ausgestattet, folgte er der vorgegebenen Richtung über mehrere hundert Meter. Dass er dabei an mehreren Baumstämmen und dem Boden abprallte sowie sich durch Farnkraut manövrieren musste, hinderte ihn nicht am Ankommen.

Die Forscher sehen ihren Flugball schon in schwierigem Gelände im Einsatz, ohne ihn auf seinem Weg exakt steuern zu müssen. Die Richtungsvorgabe genügt, um ihn auch bei schlechter Sicht auf den Weg zu schicken, berichtet Briod: „Unser Ziel war genau das – zu agieren, wo andere Roboter nicht hinkommen, etwa in ein Gebäude, das beim Erdbeben eingestürzt ist.“

© Wissenschaft aktuell
Quelle: EPFL, IREX 2013


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg