Flexible Flügel machen Hummeln stärker

Experiment beantwortet Streitfrage: Die natürliche Biegsamkeit der Insektenflügel verleiht den Tieren in der Luft mehr Tragkraft als steife Flügel
Die kaum erkennbaren blauen Punkte etwa in der Mitte der Flügelfläche versteifen als ultraleichte Schienen die flexiblen Verbindungsstellen im Flügel, die dünne helle Lastenschnur liegt daneben.
Die kaum erkennbaren blauen Punkte etwa in der Mitte der Flügelfläche versteifen als ultraleichte Schienen die flexiblen Verbindungsstellen im Flügel, die dünne helle Lastenschnur liegt daneben.
© Mountcastle, Combes
Cambridge (USA) - Dicke Hummeln mit ihren kurzen Flügeln können gar nicht fliegen – dieses Vorurteil haben Aerodynamiker längst widerlegt. Mehr noch, sie nehmen den Insektenflug als Vorbild für Flugmaschinen und Roboterflieger. Jetzt konnten US-Forscher im Hummel-Experiment eine Streitfrage unter Experten klären: Sollten Flügel für bessere Flugkraft biegsam sein, wie Computersimulationen vermuten lassen, oder eher steif, worauf Robotermodelle hinweisen? Zwar werden die filigranen, aber zähen Insektenflügel beim Fliegen generell verbogen, schon allein durch den Luftwiderstand. Doch manche Insekten verfügen über zusätzliche Biegestellen, die ihnen zu einer offenbar noch effizienteren Flügelbewegung verhelfen. Das Experiment der Biologen zeigt jetzt eindeutig, so heißt es in den „Proceedings of the Royal Society B“: Hummeln mit weniger flexiblen, künstlich versteiften Flügeln haben rund zehn Prozent weniger Auftrieb.

„Trotz der Forschung anhand von Berechnungen und Robotermodellen“, schreiben Andrew Mountcastle und Stacey Combes von der Harvard University, „wurden die aerodynamischen Auswirkungen flexibler Flügelverformung bei lebenden Insekten nie direkt getestet.“ Das holten die beiden Forscher mit Hilfe typischer nordamerikanischer Hummeln (Bombus impatiens) jetzt nach. Sie untersuchten zunächst das netzartige Flügelgerüst, über welches sich die feine Flugmembran spannt: Bei Hummeln und einigen andere Hautflüglern hat es gelenkähnliche Verbindungsstücke mit einem hohen Gehalt an Resilin – gummiartigem Eiweiß. Das ermöglicht ein besonders starkes Verbiegen der Flügel im Flug. Die Hummeln erreichen so eine fließendere Bewegung der Flügelfläche durch die Luft. Wird die zentrale Biegestelle vorübergehend versteift, so bewegt sich der Flügel deutlich weniger geschmeidig.

Welche aerodynamischen Effekte dies hat, konnte das Team im Experiment nun genau nachweisen. Bei sieben Versuchshummeln blockierten sie die zentrale Biegestelle auf beiden Flügeln mithilfe winziger Polyesterschienen, die die Flügel nur um rund fünf Prozent schwerer machten. Zuvor hatten sie die Tiere durch Kälte betäubt. Sieben andere Hummeln bekamen die gleiche Schiene auf eine unflexible Flügelstelle neben dem Resilin-Gelenk gesetzt und drei weitere dienten unverändert als Vergleichstiere – um zu kontrollieren, ob der Aufsatz allein das Fliegen beeinträchtigte. Allen Hummeln wurde während der Kühlphase eine Schnur um die Körpermitte gebunden, die in regelmäßigen Abständen mit Kügelchen versehen waren. Je höher sie damit in die Luft steigen konnten, desto größer die Hubkraft durch die Flügel.

Tatsächlich senkte die Versteifung der zentralen Biegestelle im Flügel die Auftriebskraft in allen Versuchsdurchläufen: um rund zehn Prozent im Vergleich zu den Kontrollgruppen. Zeitlupen-Videobilder bestätigten, dass sich die Flügel mit Schiene andersartig verformen. Demnach ist die Flexibilität durch Biegestellen in der Flügelstruktur für einen effizienten Hummelflug sehr wichtig, so die Forscher. Sie liefern damit auch einen konkreten Verbesserungsansatz für die Konstrukteure kleiner und großer Flugmaschinen.

© Wissenschaft aktuell


 

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