Fledermäuse: Lauschangriff auf Fliegen-Sex

Bei der Paarung fallen die Insekten durch summend-schnarrende Laute auf, durch die die Fledermäuse auf sie aufmerksam werden
Fransenfledermäuse (Myotis nattereri)
Fransenfledermäuse (Myotis nattereri)
© Siemers et al., Current Biology Volume 22 Issue 14
Seewiesen - Sex ist verhängnisvoll – zumindest für Fliegen kann er tödlich enden. Denn Fledermäuse lauern den Insekten gezielt beim Paarungsakt auf. Die nachtaktiven Flieger lauschen auf die Geräusche, die die Insekten dabei erzeugen, haben Biologen vom Max-Planck-Institut für Ornithologie beobachtet. Das verräterische Summen wird dem Fliegenpärchen dann zum Verhängnis, berichten die Forscher im Fachblatt „Current Biology“. Besonders attraktiv für die Räuber: Sie erwischen so häufig gleich zwei Fliegen auf einen Streich.

„Viele Tiere sind während des Geschlechtsverkehrs nicht nur durch Lautäußerungen auffällig, sondern auch noch in ihrer Aufmerksamkeit abgelenkt“, erläutert Stefan Greif vom MPI für Ornithologie in Seewiesen: „In einfachen Worten: Sex bringt um.“ Eigentlich stellen nachtaktive Fledermäuse für primär tagaktive Fliegen keine große Gefahr dar. Für gewöhnlich verhalten sich die Insekten nachts derart unauffällig, dass Fledermäuse sie im Grunde gar nicht entdecken. Doch während der Kopulation ändert sich das schlagartig, konnten Greif und seine Kollegen beobachten. Bei der Paarung geben die Fliegen Geräusche von sich, die vermutlich vom Flügelschlag der Männchen herrühren. Diese summend-schnarrenden Laute sind es, die den Fledermäusen den Weg weisen.

Die Biologen hatten den idealen Ort für eine Feldstudie gefunden: Einen Kuhstall, in dem nicht nur unzählige Stubenfliegen (Musca domestica) lebten, sondern auch eine Kolonie Fransenfledermäuse (Myotis nattereri) ansässig war. Dort beobachteten sie mit Hilfe von Videoaufzeichnungen über mehrere Jahre hinweg das Miteinander der beiden Arten. Die Aufnahmen zeigten, dass die Fliegen nachts äußerst ungern fliegen. Auf der eher unebenen Decke eines Kuhstalls waren sie vor hungrigen Fledermäusen sicher – selbst wenn sie krabbelten, wurden die Insektenfresser nicht auf die potenzielle Beute aufmerksam und griffen nie an. Paarungsaktivitäten änderten dies deutlich. Das Risiko, entdeckt zu werden, stieg merklich an: Mehr als fünf Prozent aller von den Biologen beobachteten Paarungen wurden von Fledermäusen attackiert. „Fünf Prozent sind in einem Beutegreifersystem sehr viel“, betont Greif gegenüber Wissenschaft aktuell. Und waren die Fliegen erst einmal entdeckt, erwischte die Fledermaus in rund 60 Prozent der Fälle auch beide Fliegen auf einmal.

Experimente, in denen die Forscher unterschiedliche Laute per Lautsprecher präsentierten, bestätigten, dass es die Paarungsaktivitäten waren, welche die Fliegen verrieten. Die Fledermäuse reagierten auch bei den abgespielten Tonaufzeichnungen gezielt auf die summend-schnarrenden Geräusche, die die Fliegen beim Sex produzieren. Nächtlicher Sex ist für Fliegen also enorm gefährlich, denn jeder zwanzigste Akt endet mit einem Fledermausangriff, der häufig tödlich endet.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Bats eavesdrop on the sound of copulating flies”, Björn M. Siemers, Stefan Greif et al.; Current Biology, http://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2012.06.030


 

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