Flache Metalinsen dünner als ein Blatt Papier

Feine Struktur aus Titandioxid soll komplexe und teure Optiken ersetzen – Anwendung in Mikroskopen, Smartphones und VR-Brillen möglich
Extrem flache Metalinsen fokussieren sichtbares Licht (künstl. Illu.)
Extrem flache Metalinsen fokussieren sichtbares Licht (künstl. Illu.)
© Peter Allen/Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences
Cambridge (USA) - In jedem Smartphone steckt eine komplexe Linsenoptik, mit der sich schon recht gute Fotos schießen lassen. Viel flacher und vor allem deutlich günstiger könnten in Zukunft Linsen aus sogenanntem Metamaterial werden. Auf diesem Weg gelang kanadischen und amerikanischen Physikern ein großer Sprung nach vorne. In der Fachzeitschrift „Science“ berichten sie über eine extrem flache Metalinse aus fein strukturiertem Titandioxid. Über den gesamten sichtbaren Spektralbereich von blau bis rot konnten diese Metalinsen das Licht so gut fokussieren, um Aufnahmen mit einer Auflösung von bis zu 400 Nanometern zu ermöglichen. Diese Entwicklung könnte in Zukunft nicht nur für Smartphone-Kameras und Virtual-Reality-Displays, sondern auch für günstigere Lichtmikroskope genutzt werden.

„Unsere Metalinse besteht aus einem Areal winziger Wellenleiter, das Lichtwellen effizient beugen kann“, sagt Federico Capasso von der Harvard University in Cambridge. Um diese Linsen herzustellen, lenkten die Forscher einen stark fokussierten Elektronenstrahl kontrolliert auf eine Kunststoffschicht. So bannten sie nanoskalige Strukturen in das Material und sie erhielten eine Art Schablone, die sie danach mit einem hauchdünnen Film aus Titandioxid bedeckten. Entsprechend der fein strukturierten Oberfläche der Schablone entstand ein Areal tausender, winziger Nanoflossen aus Titandioxid, die jeweils nicht größer als ein Bruchteil eines Mikrometers waren.

Obwohl Titandioxid als Pulver eigentlich weiß ist, waren diese extrem dünnen Nanoflossen-Areale durchsichtig. Einfallende Lichtwellen wurden durch die symmetrische Anordnung der Nanoflossen stark gebrochen. Dank dieser Eigenschaft konnte blaues, grünes und rotes Licht mit einer Metalinse mit jeweils angepassten Nanoflossen-Ausmaßen so gut fokussiert werden, um Strukturen mit einer Auflösung von nur etwa 400 Nanometern sichtbar zu machen. Damit erreichten die Metalinsen, die um ein Vielfaches dünner waren als ein etwa 100 Mikrometer dickes Blatt Papier, sogar bessere Werte als die besten verfügbaren Lichtmikroskope mit komplexen Optiken aus Glaslinsen.

„Diese Metalinsen für den sichtbaren Bereich genügen sehr hohen Anforderungen, die mit herkömmlichen Linsen schwer zu erreichen sind“, sagt Vladimir M. Shalaev von der Purdue University, der nicht an der Entwicklung beteiligt war. So könnten schon bald Metalinsen entwickelt werden, die nicht nur für einzelne Lichtfarben, sondern für ein möglichst breites Spektrum ein hohes Auflösungsvermögen zeigen. Von großem Vorteil ist der einfache Herstellungsprozess, der – aufbauend auf ausgereifte Lithographie-Verfahren für Computerchips - eine sehr günstige Massenfertigung erlauben sollte.

„Schon in naher Zukunft werden Metalinsen in großem Maßstab zu einem Bruchteil der Kosten konventioneller Linsen gefertigt werden“, ist Capasso überzeugt. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er sich die entsprechenden Patente für Metalinsen jedenfalls schon gesichert. Und wer in wenigen Jahren ein Smartphone ohne die heute oft deutliche Erhebung vor der Kamera in den Händen hält, hat das vielleicht den Metalinsen zu verdanken.

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