Fisch im Schwarm berechnet: Warum sich das Schwärmen lohnt

Bei wachsender Gruppengröße steigt das Risiko entdeckt zu werden zwar an - der Effekt ist jedoch so gering, dass die Vorteile überwiegen
Im Schwarm ist der einzelne Fisch sicherer als allein.
Im Schwarm ist der einzelne Fisch sicherer als allein.
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St Andrews (Großbritannien)/Durham (USA) - Sich in der Masse zu verstecken, zahlt sich wohl oftmals aus. Zumindest für Fischschwärme konnte ein britisch-amerikanisches Forscherduo zeigen, dass ein größerer Schwarm zwar optisch auffälliger und damit im Prinzip leichter von Räubern zu sehen ist als ein einzelner Fisch. Jedoch erhöht das die Gefahr entdeckt zu werden bei Weitem nicht in dem Maße, in dem die Größe des Schwarms ansteigt. Die Modellrechnungen der beiden Biologen legen nahe: Die Distanz, auf die ein Räuber seine Beute erkennen kann, verdoppelt sich in etwa, wenn sich die Zahl der Beutefische in einer Gruppe verhundertfacht, berichten sie im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences”. Damit gewährt der Schwarm dem Einzelnen in der Tat einen effektiven Schutz.

„Obwohl größere Gruppen leichter entdeckt werden”, schreiben Graeme Ruxton von der University of St Andrews und Sönke Johnsen von der Duke University in Durham, „werden diese Kosten der Gruppenbildung in vielen Fällen vom Nutzen übertroffen.” Insbesondere geschehe dies dadurch, dass das Risiko gefressen zu werden für das einzelne Individuum in allen Situationen verringert wird, in denen Räuber nicht gleich alle Mitglieder einer entdeckten Gruppe fressen können. Die Biologen hatten umfangreiche Modellrechnungen durchgeführt, um zu bestimmen, wie sich unterschiedliche Schwarmgrößen auf die Gefahr auswirken, im offenen Meer entdeckt zu werden.

Dazu zogen sie neben dem Durchmesser des Fischschwarms – von den Forschern „bait ball” getauft – unterschiedlichste Parameter heran: unter anderem das Sehvermögen des Blauen Marlins (Makaira nigricans) als Beispiel für einen Raubfisch, den Kontrast zwischen bait ball und Hintergrund, das Volumen des einzelnen Fisches im bait ball und wie sich das Licht in unterschiedlichen Wassertiefen ausbreitet. Am interessantesten sei, schreiben die Autoren, dass es lediglich einen relativ moderaten Effekt habe, die Zahl der Gruppenmitglieder zu vergrößern.

Die Hauptaussage ihres Modells ist: „Im Allgemeinen führt ein 100-facher Anstieg der Zahl der Individuen in einer Gruppe dazu, dass die Beute lediglich in einer beinahe doppelt so großen Entfernung für einen Raubfisch sichtbar wird”, schreiben die Biologen. Im schlimmsten Fall, wenn nämlich die Individuen von allen Winkeln aus erkennbar wären, würde die größerer Gruppe also achtmal so häufig entdeckt als die kleinere. Im Detail beziehungsweise unter bestimmten Bedingungen kann dieser Wert noch variieren: etwa bei besonders klarer Sicht, einem schlechteren Sehvermögen des Raubfisches oder auch, wenn die Beutefische irisierende Schuppen besitzen, die das Licht streuen und so die Konturen verschwimmen lassen. Dennoch dürfte das höhere Risiko, dass Raubfische eine größere Gruppe leichter entdecken können, alles in allem vergleichsweise gering wiegen, so die Biologen. Relativ groß dagegen dürfte der Nutzen sein, sich im Schutz des Schwarms zu bewegen, damit potenzielle Räuber zu irritieren und das Risiko des Einzelnen zu minimieren.

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