Fernbeziehung bindet stärker

Das Verhalten des Partners wird häufig idealisiert und beide öffnen sich mehr
Nicht immer verursacht die geographische auch körperliche und geistige Nähe
Nicht immer verursacht die geographische auch körperliche und geistige Nähe
© Francisco Osorio
Hong Kong (China)/Ithaca (USA) - Fernbeziehungen sind nicht zwangsläufig eher zum Scheitern verurteilt als geografisch nähere Bindungen. Das berichten jetzt chinesische und US-Forscher in einer Studie und stellen fest: Fernbeziehungen bauen sogar häufig einen wesentlich stärkeren Bezug auf. Auch die Kommunikation und der gegenseitige Austausch sind vielmals tiefgehender. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Journal of Communication“ berichten, fühlen sich die entfernten Partner dadurch oft intimer miteinander verbunden als in Nahbeziehungen. Dies wird laut der Autoren vor allem durch zwei Dinge begünstigt: Die Partner öffnen sich mehr und idealisieren gleichzeitig das Verhalten ihrer besseren Hälfte.

„Fernbeziehungs-Paare versuchen stärker als geografisch nahe Pärchen, ihre Zuneigung und Intimität zu kommunizieren“, sagt Li Christal Jiang von der City University in Hongkong. Zusammen mit US-Kollegen von der Cornell University hatte die Forscherin 30 Studentenpaare mit Fernbeziehungen eine Woche lang täglich online befragt. Die Ergebnisse wurden mit denen einer Gruppe von 33 Paaren verglichen, die sich jeden Tag sehen konnten. Die jeweiligen Partner mussten unter anderem unabhängig voneinander über ihre Interaktionen und Kontakte berichten. Dabei wurden Gespräche von Angesicht zu Angesicht, Telefonanrufe und Video-Chats, SMS, Messenger sowie E-Mails mit einbezogen.

Die Probanden berichteten, inwieweit sie ihr Innerstes offenbarten, ihre Gefühle mitteilten, Vertrautheit und Innigkeit verspürten. Außerdem wurden sie befragt, ob sie meinten, dass ihr Partner beziehungsweise die Partnerin ebenso handelte. Die Fernbeziehungs-Paare fühlten sich vor allem dann vertrauter, wenn ihre Kommunikation nicht synchron und Text-basiert stattfand - also beispielsweise per E-Mail. Die Forscher erklären dies damit, dass sich die Partner dann mehr anstrengten, die Zwänge und Beschränkungen der elektronischen Medien zu überwinden.

Fernbeziehungen wurden lange Zeit von der Forschung vernachlässigt, weil sich die Wissenschaftler auf andere Themen wie Eifersucht und Beziehungsstress von nahen Partnern konzentriert hatten. Aktuellere Studien belegen nun, dass Fernbeziehungen im Gegensatz zur landläufigen Meinung nicht immer problematisch sein müssen. Einige Untersuchungen deuten vielmehr darauf hin, dass gar manches entfernte Paar eine gleiche oder sogar bessere Beziehungsqualität hat. Dies ist insofern von Bedeutung, als es immer mehr Fernbeziehungs-Romanzen gibt: In den USA leben bereits drei Millionen verheiratete Paare nicht am gleichen Ort. Bei Studenten haben bis zu 50 Prozent derzeit eine Fernbeziehung, drei Viertel sind irgendwann in ihrer Studienzeit eine solche Partnerschaft eingegangen.

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