Feine Nase brachte Hirnentwicklung in Schwung

CT-Scans von fossilen Schädeln früherer Säugetiere zeigen deutlich vergrößerte Hirnregionen für Riechen und Tasten
Austin (USA) - Die Verfeinerung von Geruchs- und Tastsinn brachte vor Jahrmillionen die Evolution des Säugetierhirns in Schwung. Hinweise darauf liefern detaillierte dreidimensionale Rekonstruktionen des Schädelinneren zweier früher, winziger Säuger, welche US-Forscher mithilfe von Computertomographie anfertigen konnten. Die mit diesem bildgebenden Röntgenverfahren erstellten virtuellen Hirnabdrücke zeigen deutlich vergrößerte Regionen im Bereich des Riechens und Tastens, berichten die Paläontologen im Fachblatt "Science" (doi: 10.1126/science.1203117). So wurden schon enorm früh die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Säuger von allen lebenden Tieren die größten Gehirne im Verhältnis zur Körpergröße besitzen.

"Wir haben nun eine viel bessere Vorstellung vom historischen Ablauf der Ereignisse und von der relativen Wichtigkeit der unterschiedlichen Sinnessysteme in der frühen Säugetierevolution", erläutert Erstautor Tim Rowe von der University of Texas in Austin. "Dies zeichnet ein sehr viel anschaulicheres Bild davon, wie frühe Säugervorfahren waren und wie sie sich verhalten haben - und damit auch von unserer eigenen Abstammung." Da Fossilfunde früher Säuger enorm selten sind, waren Paläontologen sehr zurückhaltend, einen Blick ins Schädelinnere zu werfen. Deshalb nutzten Rowe und seine Kollegen für ihre Studie CT-Scans in hoher Auflösung. Dieses Röntgenverfahren eröffnete ihnen die Möglichkeit, das Innenleben der rund 190 Millionen Jahre alten Fossilfunde aus China zu erkennen und die wertvollen Stücke trotzdem unbeschädigt zu lassen. Sie untersuchten die fossilen Schädel zweier früher Säuger: Morganucodon oehleri sowie Hadrocodium wui. Letzterer ist der bislang älteste bekannte Vertreter der Säugetiere, er war nur etwa drei Zentimeter groß und weist Ähnlichkeiten mit heutigen Spitzmäusen auf.

Die dreidimensionalen Rekonstruktionen des Schädelinneren zeigen: Bereits diese frühen Säugetiere besaßen ein außergewöhnlich großes Gehirn. Die für die Verarbeitung der Geruchsinformationen zuständigen Hirnbereiche waren ebenso deutlich vergrößert wie wie die Nasenhöhle und andere mit einem feinen Geruchssinn einhergehende Strukturen. Gleiches gilt für Teile des Gehirns, die mit dem Tastsinn der Tiere in Zusammenhang gebracht werden. Ein hochentwickelter Geruchs- und Tastsinn könnte demnach ausschlaggebend gewesen sein für das Überleben der nur wenige Zentimeter großen ersten Säuger und damit entscheidend für die frühe Evolution der Säugetiere.

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Quelle: "Fossil Evidence on Origin of the Mammalian Brain", T. Rowe et al., Science (Vol. 332, S. 955)


 

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