Ernährung beeinflusst Darmflora – aber bei Männern anders als bei Frauen

Bei Fischen, Mäusen und Menschen hängt es vom Geschlecht ab, wie sich die Nahrung auf das Wachstum einzelner Darmkeime auswirkt
Modernste Techniken der DNA-Analyse ermöglichen es, die Gesamtzahl der Mikrobenarten im Darm zu ermitteln.
Modernste Techniken der DNA-Analyse ermöglichen es, die Gesamtzahl der Mikrobenarten im Darm zu ermitteln.
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Austin (USA) - Das Artenspektrum an Bakterien im menschlichen Darm beeinflusst die Gesundheit auf vielfältige Weise und lässt sich durch die Ernährung verändern. Daher wäre es naheliegend, bestimmte Krankheiten zu behandeln, indem man eine gestörte Darmflora durch eine spezielle Kost normalisiert. Doch jetzt berichtet ein internationales Forscherteam, dass sich eine Ernährungsumstellung bei Männern und Frauen ganz unterschiedlich auswirken kann. Das schließen sie nicht nur aus bereits vorliegenden Daten von Studien mit Menschen, sondern auch aus eigenen Untersuchungen an Fischen und Mäusen. Geschlechtsabhängige Unterschiede in Hormonspiegel und Immunfunktionen könnten dafür verantwortlich sein, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Communications”. Um Therapien zu entwickeln, die auf eine Veränderung der Darmflora abzielen, müsse also auch das Geschlecht des Patienten berücksichtigt werden.

„In unserer Arbeit haben wir nicht einfach gefragt, wie die Ernährung die Darmflora beeinflusst, sondern ob diese Effekte bei männlichen und weiblichen Individuen dieselben sind“, sagt Daniel Bolnick von der University of Texas at Austin. Bisher habe man immer nur entweder den einen oder den anderen Faktor untersucht, nicht aber deren Wechselwirkungen. Das Geschlecht sei neben genetischen Merkmalen ein wichtiger Faktor, der Umwelteinflüsse auf die Darmkeime verändern könne.

Bolnick und seine Kollegen analysierten zunächst die Darmkeime von Fischen zweier Arten, die jeweils in einem See lebten. Sowohl beim Dreistachligen Stichling (Gasterosteus aculeatus) als auch beim Flussbarsch (Perca fluviatilis) gab es einen Anteil der Population, der seine Nahrung überwiegend in Ufernähe suchte, während ein anderer Teil dazu das offene Wasser bevorzugte. Beide Ernährungsweisen waren gekoppelt mit einem anderen Artenspektrum an Darmkeimen – aber nur dann, wenn die Daten für die männlichen und weiblichen Tiere getrennt ausgewertet wurden. Also auch wenn sie die gleiche Nahrungsquelle nutzten, herrschten bei den Weibchen andere Keimarten vor als bei den Männchen. Diesen Effekt bestätigten die Forscher durch Fütterungsversuche mit gefangenen Stichlingen im Labor. Bei Labormäusen, die entweder normal oder fettreich ernährt wurden, war dieser Effekt deutlich schwächer ausgeprägt. Dagegen ergab sich ein ähnlich starker geschlechtsabhängiger Einfluss der Ernährung auch beim Menschen. Das zeigten die Wissenschaftler, indem sie Daten aus bereits veröffentlichten Studien nutzten, in denen die Zusammensetzung der Darmflora von Männern und Frauen in Abhängigkeit von unterschiedlichen Ernährungsweisen dokumentiert war.

Warum einige Darmbakterien von Männern auf bestimmte Ernährungsfaktoren anders reagieren als die von Frauen, ist noch nicht geklärt. Es könnte zum Beispiel sein, schreiben die Autoren, dass eine Bakterienart durch das Immunsystem des Mannes stark unterdrückt wird und sich nur dann stärker vermehrt, wenn spezielle Nahrungsstoffe zur Verfügung stehen. Derselbe Darmkeim könnte sich in einer Frau wegen deren schwächeren Immunabwehr stärker vermehren, würde aber vielleicht durch andere Nahrungsbestandteile gehemmt. Auch die bei beiden Geschlechtern unterschiedlichen Hormonspiegel könnten sich auf das Wachstum einzelner Keimarten auswirken und so am beobachteten Effekt beteiligt sein.

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, aber auch Fettleibigkeit und Diabetes, lassen sich möglicherweise durch eine Veränderung der Darmflora behandeln. In zukünftigen Studien dazu sollten die Ergebnisse jedoch stets für Frauen und Männer getrennt ausgewertet werden, um eindeutige Resultate zu erhalten.

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