Erdklima: Temperaturkurve über zwei Millionen Jahre

Neue Rekonstruktion fasst Ergebnisse zahlreicher Bohrkernanalysen zusammen
Entwicklung der mittleren Oberflächentemperatur der Erde über die vergangenen zwei Millionen Jahre.
Entwicklung der mittleren Oberflächentemperatur der Erde über die vergangenen zwei Millionen Jahre.
© C.W. Snyder, Stanford University
Stanford (USA) - Warm- und Kaltzeiten wechselten sich in der Erdgeschichte in sehr großen Zeitabständen von Jahrmillionen ab. So steht die Erde seit etwa 2,6 Millionen Jahren – auch wenn das mit Blick auf den aktuellen Klimawandel paradox scheint – im jüngsten Eiszeitalter des Quartärs. Wie sich die globalen Temperaturen innerhalb dieser Epoche in den vergangenen zwei Millionen Jahren im Durchschnitt verändert haben, zeichnete nun die amerikanische Klimaforscherin Carolyn Snyder von der Stanford University im Detail auf. In der Fachzeitschrift „Nature“ präsentiert sie die erste durchgehende Rekonstruktion der Erdtemperatur in Intervallen von jeweils 1000 Jahren. Ihre Analyse legt nahe, dass bereits mit der heutigen Konzentration der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan in der Atmosphäre langfristig mit einer Erderwärmung von drei bis sieben Grad zu rechnen sei.

„Diese Studie ist die erste kontinuierliche Rekonstruktion der globalen Temperatur über Eiszeit-Zyklen hinweg“, sagt Snyder. Die Grundlage ihrer langen Temperaturkurve bildeten 59 Bohrkerne, die aus ozeanischen Sedimenten gewonnen wurden. Daraus konnten zuvor in mehr als 20.000 Analysen die Wassertemperaturen an der Oberfläche der Meere über mehr oder weniger lange Zeitabschnitte ermittelt werden. Snyder sammelte diese Daten und bewertete sie in Abhängigkeit der Epoche und der jeweiligen geographischen Lage. Das Ergebnis ist eine Kurve der mittleren Temperaturen im zeitlichen Abstand von jeweils 1000 Jahren. Aus ihnen ließ sich der langfristige Verlauf der mittleren Erderwärmung ablesen. Kaltphasen wie etwa die „Kleine Eiszeit“ im Mittelalter oder die Kaltzeit vor 100.000 Jahren, bei der weite Teile Europas mit Gletschern bedeckt waren, bildeten dabei erdgeschichtlich nur kurzfristige Schwankungen.

Die neue Rekonstruktion bietet einen umfassenden Blick auf die langfristige Entwicklung der mittleren Oberflächentemperatur. So erkannte Snyder, dass die globale Temperatur bis vor 1,2 Millionen Jahre nach und nach sank, seitdem aber trotz kurzfristiger Schwankungen auf einem stabilen Niveau verharrte. Traten ausgeprägte Kaltzeiten in der ersten Hälfte ihrer Temperaturkurve noch alle 41.000 Jahre auf, verlängerten sich diese Zeitabstände in der zweiten Hälfte auf etwa 100.000 Jahre. Die Ursachen für diesen Wandel sind bislang noch nicht geklärt.

Snyder gelang es auch, den Verlauf ihrer Temperaturkurve mit der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre in Bezug zu setzen. Die relativen Mengen an Kohlendioxid und Methan wurden zuvor über Analysen von Bohrkernen aus der Antarktis, dem wohl wichtigsten Klimaarchiv der Erde, ermittelt. Eine Verdopplung der Kohlendioxid-Konzentration führte laut Snyder langfristig zu einer Erwärmung von sieben bis dreizehn Grad. Übertragen auf die heutige CO2-Konzentration folgerte die Klimaforscherin, dass schon jetzt langfristig mit einer Erwärmung von drei bis sieben Grad zu rechnen sei. „Aber diese Studie bietet keine Vorhersage für die kommende Erderwärmung“, sagt Snyder. Sie liefert vielmehr eine Aussicht auf die Entwicklung der mittleren Erdtemperatur über sehr lange Zeiträume von Zehntausenden von Jahren.

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