Erdbeben vor Japan ließ Norwegens Fjorde erzittern

Analyse von Handyaufnahmen zeigt: Das verheerende Erdbeben vor Japan 2011 führte sogar in norwegischen Fjorden zu Wellen mit bis 1,5 Metern Höhe
Das Schiff Lady Elisabeth im Aurlandsfjord. Die Wissenschaftler verfolgten die Bewegung der Mastspitze (Kreis) während der Resonanzwellen.
Das Schiff Lady Elisabeth im Aurlandsfjord. Die Wissenschaftler verfolgten die Bewegung der Mastspitze (Kreis) während der Resonanzwellen.
© Stein Bondevik et al. / AGU
Sogndal (Norwegen) - Heftige Erdbeben lassen die Erde schwingen wie eine Glocke. Hochsensible Seismometer können das Zittern der Erdkruste auch dann noch nachweisen, wenn die Erschütterung mehrfach um die Erde gelaufen ist. In manchen Regionen verstärken sich die wellenförmigen Schwingungen aber so stark, dass sie auch ohne hochpräzise Messgeräte sichtbar werden. Das schwere Beben vor der japanischen Küste aus dem Jahr 2011, das einen Tsunami auslöste und die Küstenregionen Nordostjapans verheerte, machte sich so auch in norwegischen Fjorden deutlich bemerkbar. Wie norwegische Geologen anhand von Videoaufnahmen und Simulationen rekonstruieren konnten, führte das Beben vor Japan in einigen Fjorden zu Wellen von einem bis anderthalb Metern Höhe. Unerwarteterweise waren es nicht die stärkeren Primärwellen, die dies bewirkten, sondern die schwächeren Sekundärwellen, schreiben die Forscher in den „Geophysical Research Letters“.

„Fjorde sind anfällig für solche Wellen durch starke und weit entfernte Erdbeben, weil sie so tief sind“, erläutert Stein Bondevik von der Universität Sogn og Fjordane. „Auch wenn die Seitenwände der Fjorde nur geringfügig bewegt werden – in diesem Fall um weniger als einen Zentimeter –, setzen sie hierdurch eine Menge Wasser in Gang.“ Wenn die Erdbebenwellen dann noch im richtigen Takt schwingen, können sie die Wassermassen im Fjord in kurzer Zeit aufschaukeln. Die stärksten Wellen des Erdbebens, die Primärwellen, schüttelten das Fjordwasser so schnell durch, dass es nicht zu solchen Resonanzwellen kam. Die schwächeren Sekundärwellen hingegen hatten genau die richtige Schwingungsdauer zwischen einer und zwei Minuten, um meterhohe Resonanzwellen anzuregen. Die Forscher konnten anhand von Videoaufnahmen die genaue Wellenhöhe ermitteln, indem sie die Mastspitzen ankernder Schiffe ausmaßen. Augenzeugen hatten die ungewöhnlichen Wellen mit Handykameras aufgenommen und den Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt.

„Glücklicherweise passierte dies, als gerade Ebbe war“, so Bondevik. Bei Flut hätten die unerwartet hohen Resonanzwellen durchaus Sachschäden anrichten können. Die Wellen in den Fjorden begannen gerade einmal eine halbe Stunde nach dem Erdbeben in Japan. So lange brauchten die Erschütterungen durch das Erdbeben, um sich nach Norwegen fortzupflanzen. Viele Menschen vor Ort dürften zu diesem Zeitpunkt noch nichts vom Beben in Japan gehört haben.

Das sogenannte Tohoku-Erdbeben vor Japan gehört zu den stärksten Beben seit Beginn der Aufzeichnungen. Es führte zu einem Tsunami, der knapp 20.000 Menschen das Leben kostete und eine halbe Million Menschen in die Flucht trieb. In Folge der Hochwasserschäden havarierten auch mehrere Blöcke des Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi. Die japanische Energiewirtschaft steht seitdem vor großen Restrukturierungsschwierigkeiten.

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