Elektronik zum Knittern
„Solche kaum spürbaren Elektronikfolien könnten in Zukunft so alltäglich werden wie einfache Plastikfolien heute“, prognostizieren Martin Kaltenbrunner von der Johannes Kepler Universität Linz und seine Kollegen von der University of Tokyo. Ihre Folien, die 27-mal leichter sind als normales Schreibpapier, bestehen aus einer hauchdünnen Schicht aus dem flexiblen Kunststoff Polyimid. In diesen konnten die Forscher mit eleganten Beschichtungs- und Fertigungsmethoden ein Areal aus Transistoren – basierend auf organischen Halbleitern – integrieren. Für die elektrischen Kontakte dampften sie einen nur 100-millionstel Millimeter dünnen und stabil anhaftenden Goldfilm auf die Folie.
Erste Prototypen statteten Kaltenbrunner und Kollegen mit Wärmedetektoren oder 144 Sensorpixeln aus, die empfindlich auf Druckreize reagierten. Um die Stabilität der elektronischen Folien zu testen, wurden sie mehrmals zerknittert, bis auf die doppelte Größe gedehnt und sogar über zwei Wochen in einer salzigen Lösung eingelegt. Nur wenige Schaltkreise und Sensoren wurden bei dieser rabiaten Behandlung geschädigt. Und weitere Verbesserungen im Fertigungsprozess könnten diese schon hohe Stabilität weiter erhöhen.
Gelingt der Schritt zur Massenfertigung solcher Folien und eine weitere Verdichtung der elektronischen Schaltkreise, sind zahlreiche faszinierende Anwendungen vorstellbar. Kaum spürbar könnten Sensorfolien, einfach um das Handgelenk gewickelt, Pulsschlag und Blutdruck messen. Roboter mit elektronischen Häuten ließen sich selbst für filigrane Arbeitsgänge, die viel Tastgefühl erfordern, nutzen. Kombiniert mit flexiblen, organischen Leuchtdioden, sind große Displayfolien vorstellbar, die sich gefaltet in die Hosentasche packen oder um den Unterarm spannen ließen. Extrem leichte Solarfolien, die man um nahezu jedes Objekt wickeln kann, präsentierte Kaltenbrunner bereits vor gut einem Jahr. So wird deutlich, dass das Potenzial flexibler Elektronik viel weiter reicht als bis zu rollbaren Bildschirmen oder E-Books.