Ekelempfinden beeinflusst Neigung zum Partnerwechsel

Menschen, die Kurzzeitbeziehungen bevorzugen, haben eine geringere Hemmschwelle für sexuellen Ekel – nur bei Männern wird die Paarungsstrategie auch durch die eigene körperliche Attraktivität beeinflusst
Die Neigung zu Ekelgefühlen ist auch ein psychologisches Merkmal.
Die Neigung zu Ekelgefühlen ist auch ein psychologisches Merkmal.
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Austin (USA) - Psychologen unterscheiden drei Arten von Ekel, je nachdem ob sich das Gefühl auf Sexualität, Moral oder Krankheit bezieht. Wie leicht sich Ekelgefühle entwickeln, ist individuell sehr verschieden. Sexueller Ekel äußert sich beispielsweise in der Reaktion auf sexuelle Belästigungen oder in der Einstellung zum Oralsex. Die Ausprägung dieses Persönlichkeitsmerkmals steht in engem Zusammenhang mit dem Verhalten bei der Partnersuche, berichten jetzt amerikanische Forscher. Demnach liegt bei Männern und Frauen, die Kurzzeitbeziehungen bevorzugen, die sexuelle Ekel-Hemmschwelle niedriger als bei denen, die lieber eine länger andauernde Partnerschaft eingehen. Für die anderen Arten von Ekel gilt das nicht, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Evolution and Human Behaviour”. Zudem zeigen Männer, die sich selbst für attraktiv halten, eine stärkere Neigung zum Partnerwechsel – im Gegensatz zu Frauen.

„Wir vermuten einen Prozess in zwei Schritten: Die körperliche Attraktivität bestimmt die Paarungsstrategie und die Paarungsstrategie den sexuellen Ekel“, erklären Laith Al-Shawaf von der University of Texas in Austin und seine Kollegen. Nur für den ersten Schritt gebe es Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Männer, die sich als attraktiv einschätzen, neigen verstärkt zu Kurzzeitbeziehungen. Dagegen unterscheidet sich in diesem Punkt das Sexualverhalten von Frauen, die sich für attraktiv halten, nur wenig von dem der anderen. Das generell stärker wählerische Verhalten von Frauen bei der Partnerwahl lasse sich evolutionsbiologisch erklären. Denn sie gehen beim Sexualverkehr mit mehreren Partnern höhere Risiken ein und werden durch eine mögliche Schwangerschaft mehr belastet. Für den zweiten Schritt gilt: Wer als Paarungsstrategie Kurzzeitbeziehungen wählt, hat eine niedrigere Hemmschwelle für sexuellen Ekel als derjenige, der festere Bindungen bevorzugt – und zwar unabhängig vom Geschlecht.

Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass sexuelle Erregung das Ekelgefühl vorübergehend schwächt. Die Forscher um Al-Shawaf gingen einer anderen Frage nach. Sie wollten wissen, wie sexueller Ekel als psychologisches Merkmal einer Person und das generelle Sexualverhalten zusammenhängen. Dazu führten sie zwei unabhängige Studien durch, an denen insgesamt 346 Frauen und 183 Männer im Alter von durchschnittlich 19 Jahren teilnahmen. Mit Hilfe mehrerer Fragenkataloge ermittelten die Psychologen für jeden Probanden zum einen die Paarungsstrategie, das heißt inwieweit er oder sie eher zu Kurz- oder Langzeitbeziehungen neigt, und zum anderen das Ausmaß an sexuellen, moralischen und krankheitsbezogenen Ekelgefühlen. Zudem beurteilte jeder seine eigene körperliche Attraktivität. Das sei relevanter als eine objektiv erfasste Bewertung, da das Verhalten bei der Partnersuche mehr von der selbstempfundenen Attraktivität abhängt.

Aus dem in beiden Studien erwiesenen statistischen Zusammenhang schließen die Forscher auf eine ursächliche Beziehung: Wahrscheinlich habe sich im Lauf der Evolution bei einigen die sexuelle Ekel-Hemmschwelle verringert, um eine Paarungsstrategie der Kurzzeitbeziehungen zu erleichtern. „Ob umgekehrt verstärkter sexueller Ekel monogame Langzeitbeziehungen fördern könnte, müssen zukünftige Studien prüfen”, schreiben die Autoren. Unbeantwortet bleibt vorerst auch die Frage, ob sich die Stärke des sexuellen Ekels im Lauf eines Lebens bei Änderung der Paarungsstrategie ebenfalls verändert.

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