Die Schnellste fliegt vor!
„Manche Vögel sind von Natur aus schneller und gelangen so beständig nach vorne”, erläutert Dora Biro von der University of Oxford. „Dort kommt es dann letztlich dazu, dass sie mehr Navigationsarbeit leisten, was wiederum bedeutet, dass sie bei späteren Flügen den Weg besser kennen.” Man könne das mit einem Fahrer-Mitfahrer-Effekt vergleichen. Der Fahrer im Auto müsse aufpassen, während die Mitfahrer häufig nicht in der Lage seien, die gefahrene Route nachzuvollziehen – vor allem, wenn sie am Navigationsprozess unbeteiligt waren. Die Biologen hatten in ihrer Studie Tauben bei der Navigation sowohl allein als auch in der Gruppe beobachtet. Sie verglichen die Eigenarten der Soloflüge mit dem Einfluss einzelner Tiere auf die Flugrichtung des ganzen Schwarms.
Es stellte sich heraus: Ob eine Taube die Führung im Schwarm übernimmt, hängt nicht etwa davon ab, ob sie im Alleingang einen besonders direkten Kurs findet. Vielmehr spielte ihre Fluggeschwindigkeit eine entscheidende Rolle. Als die Forscher die Navigationsfähigkeiten der Tauben nach einer Reihe von Flügen im Schwarm erneut in Soloflügen testeten, stellten sie außerdem fest: Die Führer hatten auf den Schwarmflügen auch effektiver navigieren gelernt, denn sie fanden direktere Routen als die Mitflieger. Die Biologen schreiben, das sei zu erwarten gewesen, wenn man davon ausginge, dass die Mitflieger die Aufmerksamkeit mehr auf ihre Artgenossen richten als auf die Landschaft. Die Ergebnisse, sagt Biro, verändern „unser Verständnis darüber, wie Schwärme strukturiert sind und warum Schwärme dieser Spezies beständige Führungshierarchien haben.”