Das macht das Känguru doch mit links!
„Was wir beobachtet haben, hatten wir anfänglich nicht erwartet”, erzählt Yegor Malashichev von der Universität von Sankt Petersburg. „Aber je mehr wir beobachteten, desto offensichtlicher wurde es, dass da etwas wirklich Neues und Spannendes ist.” Eigentlich waren die Zoologen nicht davon ausgegangen, eine Händigkeit bei Kängurus festzustellen – unter anderem deshalb, weil das Gehirn von Beuteltieren im Gegensatz zu dem anderer Säuger und Primaten keine Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften aufweist, den sogenannten Balken, auch Corpus callosum genannt. Zudem konnten bei Kängurus in Zoos bisher keine eindeutigen Präferenzen erkannt werden.
Für die aktuelle Studie hatten Malashichev und seine Kollegen aber natürliche Verhaltensweisen bei vier Känguruarten in der Wildnis Australiens und Tasmaniens beobachtet. Sie wollten wissen, ob sich die Tiere in freier Wildbahn anders verhalten als in Gefangenschaft. Während das Östliche Graue Riesenkänguru (Macropus giganteus), das Rote Riesenkänguru (M. rufus) und das Rotnackenwallaby (M. rufogriseus) bipedisch sind, also sich auf zwei Beinen fortbewegen, läuft das Goodfellow-Baumkänguru (Dendrolagus goodfellowi) auf vier Beinen. Mit Hilfe von Daten aus früheren Studien – mit Bürstenschwanz-Rattenkänguru (Bettongia penicillata), Kurzkopfgleitbeutler (Petaurus breviceps) und Haus-Spitzmausbeutelratte (Monodelphis domestica) – verglichen sie letztlich bei insgesamt sieben Arten von Beuteltieren, ob Präferenzen für eine Hand bestehen.
Tatsächlich fanden sie bei bipedischen Arten eindeutige Präferenzen: „Wir haben eine bemerkenswerte Einheitlichkeit bei zweibeinigen Arten beobachtet, dahingehend, dass sie alle bevorzugt ihre linke Hand nutzen, nicht die rechte.” Bei vierbeinig laufenden Beuteltieren ist dies dagegen nicht ausgeprägt. Beim Rotnackenwallaby ist die Vorliebe für die linke Hand nur teilweise vorhanden – braucht es mehr Kraft als feinmotorisches Geschick, greift es mit rechts zu.
Bereits in früheren Studien hatte Malashichev sich mit dem bevorzugten Einsatz bestimmter Gliedmaßen bei unterschiedlichen Tieren beschäftigt, darunter bei Fröschen und sich auf vier Beinen fortbewegenden Beuteltieren wie Beutelratte und Gleitbeutler. Dabei hatten die Forscher unter anderem festgestellt, dass springende Frösche seltener Zeichen von Händigkeit zeigen als laufende. Bei den reinen Vierbeinern unter den Beuteltieren fanden sich im Gegensatz zu den zweibeinigen Kängurus kaum Anzeichen von Händigkeit. In weiteren Studien wollen die Zoologen die Neigung zur Händigkeit auch bei anderen Spezies untersuchen, die sich regelmäßig aufrichten und auf den Hinterbeinen stehen oder sie zur Fortbewegung nutzen.
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