Bunter als bunt

Der Kolibrifalter hat offenbar ein außerordentlich gutes Farbsehvermögen, denn er besitzt 15 unterschiedliche Typen von Lichtsinneszellen
Kolibrifalter (Graphium sarpedon)
Kolibrifalter (Graphium sarpedon)
© Kazuo Unno
Hayama (Japan) - Ein Schmetterling aus Asien und Australien sieht die Welt vermutlich in kaum vorstellbarer Farbenpracht. In den Facettenaugen des Kolibrifalters (Graphium sarpedon) haben japanische Forscher 15 unterschiedliche Typen von Sinneszellen für das Farbsehen entdeckt. Viele Insekten besitzen ein ausgesprochen gutes Farbsehvermögen, erkennen meist Licht im ultravioletten Bereich des Spektrums und können sogar polarisiertes Licht wahrnehmen. Doch ein Sehsystem mit 15 unterschiedlichen Klassen von Fotorezeptoren sprengt alles, was bislang in einem einzelnen Insektenauge gefunden wurde, berichten die Biologen im Fachblatt „Frontiers in Ecology and Evolution”. Der bisherige Rekord aus dem Insektenreich lag bei neun Klassen. Menschen besitzen in der Regel drei, die meisten anderen Säugetiere sogar nur zwei verschiedene Zapfentypen. Die Zapfen sind im Säugetierauge für das Farbsehen verantwortlich.

„Wir untersuchen Farbsehen in vielen Insekten seit vielen Jahren und wir wussten, dass die Zahl an Fotorezeptoren von Art zu Art stark variiert”, erläutert Kentaro Arikawa von der National University Sokendai in Hayama. „Aber die Entdeckung von 15 Klassen in einem Auge war wirklich atemberaubend.” Unterschiedliche Typen von Fotorezeptoren zu besitzen, die auf unterschiedliche Wellenlängenbereiche des Lichts ansprechen, ist unerlässlich, um Farben wahrzunehmen. Je mehr unterschiedliche Klassen vorhanden sind, deren Informationen im Gehirn zusammenlaufen und dort verarbeitet und abgeglichen werden, desto effektiver sind Kontrastwahrnehmung und Farbunterscheidungsvermögen.

Die Biologen hatten das Farbsehen des Kolibrifalters mit Hilfe physiologischer, anatomischer und molekularbiologischer Methoden analysiert. Diese Schmetterlinge besitzen große Facettenaugen und setzen ihre blaugrün schillernden Flügel auch zur visuellen Kommunikation ein. Das sind zwar deutliche Hinweise darauf, dass diese Insekten ein gutes Farbsehen haben – mit insgesamt 15 Klassen von Fotorezeptoren hatten die Forscher dennoch nicht gerechnet. Eine reagiert auf ultraviolettes Licht, eine weitere auf violettes Licht, drei reagieren auf unterschiedliche Blautöne. Ein weiterer wird durch blaugrünes Licht angeregt, vier durch Grüntöne und fünf von Rottönen.

Es ist anzunehmen, dass die große Zahl unterschiedlicher Fotorezeptoren ein ausgesprochen differenziertes Farbsehen ermöglicht. Die Biologen vermuten allerdings, dass die Insekten lediglich vier Typen zum gewöhnlichen Farbsehen verwenden und der Rest eher ganz speziellen Anforderungen dient – etwa schnell fliegende Objekte im Himmel erkennen zu können oder farbige, in der Vegetation versteckte Objekte. Das schließen sie unter anderem daraus, dass ein Teil der Typen nur im dorsalen, also nach oben gewandten Teil des Auges vorhanden ist, während andere nur im ventralen, also nach unten gewandten Teil des Auges zu finden sind. „Schmetterlinge haben vielleicht eine etwas geringere visuelle Genauigkeit als wir”, sagt Arikawa, „aber in vielen Belangen sind sie uns klar überlegen: Sie haben ein sehr großes visuelles Feld, eine bessere Fähigkeit, sich schnell bewegende Objekte zu erkennen, und können sogar ultraviolettes und polarisiertes Licht wahrnehmen. Ist es nicht faszinierend, sich vorzustellen, wie diese Schmetterlinge ihre Welt sehen?”

Der Kolibrifalter gehört zur Familie der Ritterfalter und ist im asiatischen und australischen Raum weit verbreitet, von Indien und Burma über Thailand, China und Japan bis nach Korea, Malaysia, Indonesien und Australien. Die Art ist sowohl in offenem Waldland, auf Lichtungen und an Flussufern als auch in den Regenwäldern des Tieflandes zu finden.

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