Blockierter Schmerz – längeres Leben

Genetisch veränderte Mäuse, denen ein bestimmter Schmerzrezeptor fehlt, altern langsamer und bleiben gesünder
Modell des Schmerzrezeptors TRPV1 in einer Zellmembran
Modell des Schmerzrezeptors TRPV1 in einer Zellmembran
© Boghog2 / Wikimedia, public domain
Berkeley (USA) - Chilischärfe im Mund und starke Hitze auf der Haut: Beide Empfindungen vermittelt ein Schmerzrezeptor, ein Protein an der Oberfläche von Nervenzellen. Dasselbe Rezeptorprotein hat aber an ganz anderer Stelle des Körpers noch eine weitere Funktion: Es erzeugt ein Signal, das die Insulinproduktion hemmt. Amerikanische Forscher konnten jetzt nachweisen, dass Mäuse, denen dieser Schmerzrezeptor ganz fehlt, gesünder altern und länger leben. Die Tiere behielten einen niedrigen Blutzuckerspiegel, verbrauchten mehr Kalorien und waren vor Fettleibigkeit geschützt. Zudem hatte ein Medikament, das eine Funktion des Rezeptors blockierte, einen verjüngenden Effekt bei alten Mäusen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Cell“. Es sei möglich, dass ein solcher Wirkstoff auch beim Menschen die Gesundheit im Alter verbessern und das Leben verlängern kann.

„Mit dem Älterwerden leidet der Mensch häufiger unter Schmerzen; das könnte darauf hinweisen, dass Schmerz den Alterungsprozess antreibt“, sagt Andrew Dillin von der University of California in Berkeley. Menschen mit chronischen Schmerzen haben nicht nur einen insgesamt schlechteren Gesundheitszustand, sondern auch eine kürzere Lebenserwartung. Diesen Zusammenhang hat das Forscherteam von Dillin nun bei Mäusen näher untersucht. Genetisch veränderte Tiere, denen der Schmerzrezeptor TRPV1 fehlte, lebten im Schnitt vier Monate – das sind 14 Prozent – länger. Das Fehlen des Rezeptors bewirkte, dass Nervenzellen im Bereich der Bauchspeicheldrüse nur noch sehr geringe Mengen eines Botenstoffs freisetzten, der die Insulinbildung hemmt. Dadurch verstärkte sich die Produktion des Hormons, so dass der Blutzuckerspiegel im Alter weniger anstieg. Außerdem erhöhte sich der Gesamtkalorienverbrauch der Mäuse, obwohl sie keine erhöhte körperliche Aktivität zeigten. Und bei fettreicher Ernährung waren die Tiere weniger anfällig für Fettleibigkeit. Das Ausschalten des Schmerzrezeptors hatte also weitreichende positive Auswirkungen auf den Stoffwechsel, was die verlängerte Lebensdauer erklärt.

Schließlich behandelten die Forscher normale alte Mäuse mit einem Medikament, das den Botenstoff blockiert, der durch die TRPV1-Aktivität freigesetzt wird. Das hatte einen ähnlichen Verjüngungseffekt wie das genetische Ausschalten des Rezeptors. Im Rahmen der Schmerzforschung habe man bereits mehrere Wirkstoffe klinisch getestet, die den TRPV1-Rezeptor blockieren, sagt Dillin. Möglicherweise könnten daraus entwickelte Medikamente auch eingesetzt werden, um Stoffwechselerkrankungen zu behandeln und das Altern des Menschen zu verzögern.

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