Billige, schnelle Speicher für Wind- und Solarstrom

Zahlreiche Systeme von Lithiumionen- und Alkali-Akkus bis zu Flüssigbatterien wetteifern um Einsatz als stationäre Stromspeicher zur Stützung des Stromnetz
Nanostruktur einer Elektrode in der neuartigen Alkali-Batterie
Nanostruktur einer Elektrode in der neuartigen Alkali-Batterie
© Nature Communications, Stanford University
Stanford (USA)/Freiburg - An sonnigen, böigen Tagen sorgen Solar- und Windkraftwerke schon heute kurzfristig für eine Überproduktion an Strom. Gegen den Mangel an Zwischenspeichern, die diese Stromspitzen kappen und das Stromnetz entlasten sollen, entwickelten kalifornische Forscher nun eine neuartige langlebige Alkali-Batterie. Dank einer nanostruktuierten Elektrode ließ sich der Stromspeicher so schnell auf- und entladen, dass sie eine fluktuierende Stromerzeugung selbst im Minutentakt ausgleichen könnte. Laut dem Bericht der Forscher in der Zeitschrift „Nature Communications“, wären dazu mehrere Container große Batterieblöcke nötig, die direkt mit dem Stromnetz verbunden werden.

„Günstige Stromspeicher, die schnell reagieren, lange halten und eine hohe Effizienz bieten, sind für den Ausbau von Wind- und Solaranlagen sowie anderer fluktuierenden Kraftwerke nötig“, erklären Mauro Pasta und seine Kollegen von der Stanford University. Diese Anforderungen im Blick, verbesserten sie die bereits seit Jahrzehnten genutzte Technologie der Alkali-Batterien. Für die Stromspeicher, in denen Ionen der Alkalimetalle Natrium oder Kalium sehr effizient von einer speziellen, kristallinen Kupferverbindung (Kupferhexacyanoferrat) aufgenommen und abgegeben werden können, entwickelten sie eine nanostrukturierte und porös aufgebaute Elektrode auf Basis des leitfähigen Kunststoffs Polypyrrol. Gefüllt mit einem wässrigen Elektrolyten zeigte der Prototyp dieser Batterie ein Ladeverhalten, das ideal für günstige, stationäre Stromspeicher ist.

Die wichtigste Eigenschaft dieser Batterie ist die Schnellladefähigkeit. So kann der Stromspeicher binnen Minuten mit Strömen, die einem Vielfachen der eigentlichen Speicherkapazität entsprechen, auf- und entladen werden. Herkömmliche Bleiakkus und auch Lithiumionen-Akkus mit sehr hoher Ladedichte werden dagegen durch zu große Ladeströme leicht zerstört. So erreicht der Prototyp bei einem fünfzigfach die Kapazität übersteigenden Ladestrom – kurz 50C genannt – noch eine Speichereffizienz von knapp 80 Prozent.

Die spezifische Leistung dieser Alkali-Batterien ist allerdings mit gerade mal 100 Watt pro Kilogramm weitaus geringer als bei anderen Akku-Typen. Die Folge: Tonnenschwere Stromspeicher von der Größe ganzer Container wären nötig, um die Megawatt-Leistung beispielsweise von Windparks aufnehmen zu können. Da das verwendete Material jedoch sehr günstig und auf dem Land oft genug Platz zur Verfügung steht, wären diese Alkali-Batterien dennoch für stationäre Einsätze geeignet. Zudem überzeugte die Forscher die hohe Stabilität ihres Prototypens: Selbst nach 1.000 Ladezyklen zeigte der Stromspeicher noch 99,9 Prozent seiner urspünglichen Kapazität. Bis zur Einsatzreife dieser Alkali-Batterien müssen die Forscher allerdings noch die guten Eigenschaften auch im Megawatt-Maßstab belegen.

Bis dahin stehen zahlreiche andere stationäre Speichermöglichkeiten zur Stützung des Stromnetz zur Verfügung. Ein viel versprechender Stromspeicher-Kandidat sind Flüssigbatterien, die derzeit von einem Konsortium mehrerer Fraunhofer-Institute entwickelt und getestet werden. „Diese Batterien werden Schwankungen bei der Produktion von Wind- und Solarstrom gut ausgleichen können“, sagt Sascha Berthold vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Oberhausen. Doch die so genannten Redox-Flow-Batterien eignen sich prinzipiell auch als Stromspeicher für Unternehmen. In mehreren gestapelten Reaktionskammern können Verbindungen aus dem Metall Vanadium Elektronen aufnehmen oder abgeben. Getrennt durch spezielle Kunststoff-Membranen erreichen diese Zellen so hohe Wirkungsgrade, dass eine Flüssigbatterie nur etwa 30 Prozent Verluste aufweist.

„Damit lassen sich sehr robuste und langlebige Batterien bauen“, sagt Tom Smolinka vom beteiligten Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Zudem sind die Redox-Flow-Batterieblöcke gut für einen höheren Strombedarf flexibel vergrößerbar. Dieser Vorteil unterscheidet sie von klassischen Bleiakkus. Ausgehend von einer Zwei-Kilowatt-Pilotanlage arbeiten die Fraunhofer-Forscher an Speichersystemen mit der zehnfachen Leistung. Und in wenigen Jahren könnte die Megawatt-Schwelle überwunden werden. Allerdings schätzt Berthold, dass die Flüssigbatterien noch zwei - bis dreimal teurer sind als der ausgereifte Blei-Stromspeicher. Doch mit der Entwicklung großflächiger Membranen könnten die Kosten für kleine Megawattspeicher auf unter 1000 Euro pro installiertem Kilowatt sinken.

Alternativ werden auch andere Speichertechnologien weiter entwickelt und mit den Flüssigbatterien konkurrieren. Wie die Stanford-Forscher setzt das US-Unternehmen Aquion Energy in Pittsburgh dabei für die Batterielektroden auf sehr günstige und in Massen verfügbare Substanzen wie Mangan und Natrium. Gefüllt mit einem wässrigen Elektrolyten sind auch diese Stromspeicher zwar alles andere als leicht und handlich. Doch lassen sich die Module von der Größe von Ölfassern ohne Probleme zu großen Anlagen zusammenschalten. Und mit geringen Kosten von etwa 240 Euro pro Kilowattstunde (kWh) Speicherkapazität sieht sich Aquion-Direktor Scott Pearson durchaus wettbewerbsfähig. Testreihen haben zudem ergeben, dass diese Natrium-Mangan-Batterien rund 5.000 Ladezyklen standhalten und damit etwa dreimal länger einsatzfähig sind als klassische Bleiakkus.

Ähnliche Ansätze, die wartungsfreie und mit zwei Stunden relativ schnell ladende Batterien für den stationären Einsatz ermöglichen, nutzen Elektroden aus Natrium und Nickel. Die kleine Firma „Ambri“, eine Ausgründung des Massachusetts Institute of Technology (MIT), baut günstige dreischichtige Stromspeicher auf der Basis von Magnesium. Die erste Lage, die sich nach Erhitzen eines Metallpulvers auf 700 Grad Celsius bilden, besteht aus reinem Magnesium und wirkt als negative Elektrode. Eine zweite Schicht, die ein Salz aus Magnesium, Kalium, Natrium und Chlor enthält, wirkt als Elektrolyt. Als dritte Schicht übernimmt eine Magnesium-Antimon-Legierung die Rolle der positiven Elektrode. Sehr langlebig und zugleich günstig soll dieser Batterietypus sein. Ein erster Prototyp, in denen hunderte einzelne Module einen ganzen 40-Fuß-Container füllen, erreichte eine Speicherkapzität von 2.000 kWh.

Auf die ausgereifte, wenngleich etwas teurere Technologie der Lithium-Ionen-Akkus setzt dagegen Siemens. Bereits Anfang des Jahres installierte die Firma eine Pilotanlage des „Siestorage“ für den italienischen Stromversorger Enel. Mit einer Kapazität von 500 kWh soll das System die Stabilisierung des Stromnetzes erleichtern und regenerativ erzeugten Strom zwischenspeichern. Gekoppelt mit einer speziell zugeschnittenen Leistungselektronik lässt sich das modulare System bis auf 2.000 kWh Kapazität vergrößern, um bis zu acht Megawatt Leistung bereitzustellen.

In den kommenden Jahren werden wahrscheinlich viele verschiedene Batterie-Systeme für stationäre Stromspeicher genutzt werden. Als Puffer für Wind- und Solarparks eignen sich dabei Akkus, die sich besonders schnell und lange be- und entladen lassen. Doch auch Firmen mit einem hohen Strombedarf könnten auf ihrem Gelände große Stromspeicher aufstellen, um die Energiekosten zu senken. Denn solange der Ausbau der Stromnetze nicht abgeschlossen ist, wird es Phasen mit extrem billigem Strom geben. Mit einer möglichen Öffnung des Strommarkts können Unternehmen, die in einen leistungsfähigen Stromspeicher investiert haben, von dieser Entwicklung profitieren. In Billigzeiten laden sie dann ihre Batterien auf und können mit dem gespeicherten Strom Hochpreisphasen mit starker Nachfrage überbrücken. Sobald die Stromversorger verstärkt an den Leipziger-Börsenkurs gekoppelte Tarife anbieten, eröffnet sich Unternehmen ein neues Kalkulationsmodell. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Investition in einen firmeneigenen Stromspeicher so nach wenigen Jahren amortisieren wird.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg