Bestätigt: Hochdosiertes Vitamin E erhöht Prostatakrebsrisiko
Der Verbraucher sollte einen angeblichen gesundheitlichen Nutzen rezeptfrei erhältlicher Produkte anzweifeln, wenn ein solcher Nutzen nicht durch klinische Studien nachgewiesen wurde, folgern Eric Klein von der Cleveland Clinic und seine Kollegen aus ihren Resultaten. Sie werteten Daten einer Studie aus, die ursprünglich einen vermeintlich positiven Einfluss von Selen und Vitamin E auf das Prostatakrebsrisiko belegen sollte. Es gab Hinweise darauf, dass beide Nahrungsergänzungsmittel das Krankheitsrisiko senken könnten. Etwa 35.000 Männer, die älter waren als 50 Jahre, nahmen ab 2001 an der Studie teil. Sie nahmen täglich entweder nur ein Vitamin E-Präparat, nur ein Selenpräparat, beide Präparate oder Placebos ein. Die Tagesdosis betrug 400 Internationale Einheiten (IE) Vitamin E bzw. 200 Mikrogramm Selen. Im Jahr 2008 zeigten erste Ergebnisse, dass die Nahrungsergänzung das Krebsrisiko nicht senkte. In der Vitamin E-Gruppe waren sogar mehr Männer erkrankt als in der Placebogruppe. Allerdings war der Unterschied statistisch nicht relevant. Aus Sicherheitsgründen wurde die Studie dann abgebrochen.
Die jetzt durch Berücksichtigung weiterer Krankheitsfälle aktualisierten Daten bestätigten den ersten Verdacht. Demnach erkrankten aus der Vitamin E-Gruppe pro 1000 Teilnehmer 76 Männer an Prostatakrebs. Aus der Placebogruppe waren es nur 65. Die Einnahme von Selen oder beider Präparate gleichzeitig hatte keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung. "Die Ergebnisse unserer Studie haben viele Fragen aufgeworfen, die wir noch nicht beantworten können", sagt Laurence Baker von der University of Michigan, einer der beteiligten Forscher. Beispielsweise sei völlig unklar, auf welche weise Vitamin E das Krebsrisiko erhöht. Die Forscher haben inzwischen damit begonnen, DNA-Proben der Teilnehmer zu analysieren. Vielleicht stoßen sie dabei auf bestimmte Genveränderungen, die zusammen mit erhöhten Vitamin E-Konzentrationen die Krebsanfälligkeit erhöhen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung schlägt eine Tagesdosis von höchstens 15 Milligramm für die Vitamin E-Aufnahme in Form von Nahrungsergänzungsmitteln vor, was etwa 22 IE entspricht. Nach Angaben der Forscher seien aber in der Bevölkerung Tagesdosen von 400 IE nicht unüblich, zumal bisher auch für diese Mengen keine schädlichen Auswirkungen bekannt waren.