Auch Moose locken „Bestäuber“ an

Die insektenähnlichen Springschwänze reagieren auf Duftstoffe der Pflanze und helfen so bei der Befruchtung
Blumentopfspringschwanz (Folsomia candida) im Polster des Pupurroten Hornzahnmooses (Ceratodon purpureus)
Blumentopfspringschwanz (Folsomia candida) im Polster des Pupurroten Hornzahnmooses (Ceratodon purpureus)
© Rocky Cookus, Portland State University
Portland (USA) - Viele Blütenpflanzen produzieren Duftstoffe, um Insekten als Bestäuber anzulocken. Jetzt haben amerikanische Biologen entdeckt, dass auch Moose ganz ähnliche Duftstoffe freisetzen, die demselben Zweck dienen. Weibliche Moospflanzen locken dadurch winzige Gliederfüßer – die urtümlichen Springschwänze – an, welche Keimzellen männlicher Pflanzen transportieren und damit zur Befruchtung der Eizellen beitragen. Ob und wie auch die Springschwänze von dieser Beziehung profitieren, ist noch nicht geklärt, schreiben die Forscher online im Fachjournal „Nature“.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich zwischen Moosen und Springschwänzen – zwei der ersten an Land lebenden Organismen – eine Beziehung entwickelt hat, die der zwischen Blütenpflanze und Bestäuber gleicht“, erklären Sarah Eppley und Kollegen von der Portland State University. Dass die früher als Ur-Insekten bezeichneten, flügellosen Springschwänze dabei helfen können, die im Wasser des Moospolsters schwimmenden Spermazellen zur Eizelle zu transportieren, war bereits bekannt. Aber dass dabei chemische Lockstoffe eine Rolle spielen, entdeckten die Forscher erst jetzt bei ihren Untersuchungen am Pupurroten Hornzahnmoos (Ceratodon purpureus).

Gaschromatographische Messungen der Umgebungsluft dieses Mooses - sogenannte Dampfraum-Analysen - zeigten, dass weibliche Pflanzen mehr als dreimal so viele leicht flüchtige Substanzen freisetzen wie männliche. Mehrere dieser Verbindungen waren mit bekannten Duftstoffen von Blütenpflanzen identisch. In Laborversuchen wurden Springschwänze vom Duft der weiblichen Moospflanzen auch stärker angezogen als von männlichen. In Experimenten mit dem Hornzahnmoos und einer zweiten Moosart, dem Silbermoos (Bryum argenteum), prüften die Biologen schließlich, wie die Vermehrungsrate der Pflanzen von der Zahl der zugesetzten Springschwänze einerseits und der Feuchtigkeit andererseits beeinflusst wird. Das Besprühen mit Wasser erleichterte es den männlichen Keimzellen erwartungsgemäß, zu den Eizellen zu schwimmen. Eine erhöhte Zahl der Gliederfüßer führte ebenfalls zu mehr Befruchtungen. Die Kombination beider Faktoren ergab sogar einen synergistischen Verstärkungseffekt.

Die Blütenpflanzen bieten ihren Bestäubern meist Nektar an. Möglicherweise werden auch die Springschwänze für ihre Hilfe bei der Befruchtung belohnt – vielleicht durch Zuckersaft oder Fettsäuren, vermuten die Forscher. Welcher der zahlreichen Duftstoffe die stärkste Wirkung hat und welche Zellen der weiblichen Moospflanze diese Substanzen produzieren, sind weitere noch offene Fragen. Die Beziehung zwischen Springschwänzen und Moosen könnte auch für Fragen zur Evolution der Landpflanzen von Bedeutung sein. Denn die Vorfahren beider Organismen waren die ersten, die das Wasser verlassen und sich auf dem Land ausgebreitet haben – eventuell mit gegenseitiger Unterstützung.

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Quelle: „Sex-specific volatile compounds influence microarthropod-mediated fertilization of moss“, Todd N. Rosenstiel et al.; Nature, DOI: 10.1038/nature11330


 

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