Atomuhren im globalen Quantentakt

Physiker schlagen ein Konzept für eine globale Weltuhr vor. Quantenmechanisch gekoppelte Atomuhren an Bord von Satelliten könnten bisher genaueste Zeitpulse liefern.
Grafik einer
Grafik einer "Weltuhr", die aus zehn quantenmechanisch gekoppelten Atomuhren an Bord von Satelliten besteht.
© The Ye group and Steve Burrows, JILA
Cambridge (USA) - Immer genauer ticken die Atomuhren, an denen weltweit Physiker vor allem in Normungsinstituten arbeiten. Erst im Januar präsentierte das amerikanische National Institute of Standards (NIST) einen neuen Zeitmesser, der innerhalb von fünf Milliarden Jahren nur eine einzige Sekunde nachgeht. Mit einem Netzwerk aus quantenmechanisch gekoppelten Atomuhren bewährter Bauart schlägt nun ein dänisch-amerikanisches Forscherteam einen völlig neuen Weg für die globale Zeitmessung vor. Erste Abschätzungen, die die Physiker im Fachblatt „Nature Physics“ präsentieren, zeigen, dass das Netzwerk über den Austausch von Quanteninformation einen genaueren Takt vorgeben könnte als jede einzelne Atomuhr für sich. Mögliche Anwendungen liegen sowohl in einer genaueren Positionsbestimmung über Satelliten oder bisher nicht mögliche Messungen von Gravitationswellen.

„Dies ist ohne Zweifel ein sehr ambitionierter Vorschlag“, sagt Eric Kessler von der Harvard University in Cambridge gegenüber Wissenschaft aktuell. Doch mit dem Blick auf die großen Fortschritte sowohl bei der Entwicklung von Atomuhren als auch bei der quantenmechanischen Kopplung von mehreren Ionen sei eine Umsetzung durchaus vorstellbar. „In diesen Bereichen haben wir in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte beobachten könnten“, sagt Kessler.

Konkret schlägt Kessler zusammen mit Kollegen vom NIST in Boulder und dem Niels Bohr Institut in Kopenhagen ein Netzwerk von je einer Atomuhr an Bord von zehn Satelliten vor. Ein Teil der für den Takt genutzten Ionen könnten zwischen den Satelliten quantenmechanisch miteinander gekoppelt werden. Der Vorteil dieser sogenannten Verschränkung, bei der Messungen an einem Ion ohne Zeitverlust den Zustand eines weiteren, verschränkten Ions festlegen, liege nach Aussage der Forscher darin, dass störendes Messrauschen bei der Zeitbestimmung stark reduziert werden könnte.

So könnte der Verbund der Atomuhren insgesamt einen genaueren Zeittakt angeben als jede Uhr für sich allein. Die theoretischen Abschätzungen ergaben, dass Atomuhren auf der Basis von Aluminium-Ionen im Quantennetzwerk bis 100 Mal genauer ticken könnten als jede einzelne Uhr für sich. Dieses Zeitsignal stünde über Datenverbindungen zwischen Satelliten und erdgestützten Stationen rund um den Globus zur Verfügung. Auch gegen Abhörattacken wäre dieses Signal geschützt. Der Grund dafür liegt in der Natur der miteinander verschränkten Ionen. Auf dem Feld der Quantenkryptografie belegten bereits viele Versuche, dass kein Abhörversuch unerkannt bliebe. Einziger Nachteil: Durch das Abhören wird auch die Kopplung der Ionen zueinander zerstört. Jede Atomuhr wäre danach wieder auf sich allein gestellt und könnte nur ein ungenaueres Zeitsignal liefern.

Eine erfolgreiche Umsetzung dieses globalen Atomuhr-Konzepts liegt allerdings noch weit in der Zukunft. „Substanzielle Fortschritte sind für die Realisierung eines solchen Quantennetzwerks aus Atomuhren noch nötig“, sagt Kessler. Zwar gelang es bereits, über ein Dutzend einzelner Ionen miteinander im Labor zu verschränken. Doch diese quantenmechanische Kopplung über einen Laser gestützten Kanal müsste auch über viele tausend Kilometer zuverlässig funktionieren. Wichtige Erfahrungen auf diesem langen Weg konnten jedoch über die Verschränkung von Lichtteilchen über 143 Kilometer zwischen den Inseln Teneriffa und La Palma schon gewonnen werden.

© Wissenschaft aktuell


 

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