Ameisen setzen Giftgas gegen Termiten ein
"Unsere Ergebnisse sind eine Grundlage für die Suche nach natürlichen Insektiziden, die auch gegen resistente Insekten wirksam sind", sagt Angelique Vetillard von der Universität von Toulouse, die Leiterin des Forscherteams. Die Biologen untersuchten das Jagdverhalten von Crematogaster striatula, einer afrikanischen Art baumbewohnender Knotenameisen. Mit einer Körperlänge von knapp 3,5 Millimetern sind die Arbeiterinnen nur halb so groß wie Termiten, ihre Hauptbeutetiere. Diese Ameisen verfügen über einen Stachel am Hinterleib, der aber nicht zum Stechen eingesetzt wird. Wie ein Skorpion können sie Hinterleib und Stachel anheben und gegen einen Feind oder die Beute richten.
Eine solche Haltung nimmt die Ameise sofort ein, wenn sie auf eine Termite trifft. Dann setzt sie Substanzen frei und ruft dadurch weitere Ameisen aus einem Umkreis von 15 Zentimetern herbei. Auch diese richten ihre Stachel auf die Beute und nähern sich ihr, ohne sie aber zu berühren. Innerhalb von zehn Minuten beginnt die Termite zu zittern und fällt auf den Rücken. Erst wenn sich auch ihre Beine nicht mehr bewegen, ergreifen die Ameisen ihre Beute und tragen sie ins Nest. Trafen die Ameisen in ihrem Revier auf Ameisen einer anderen Art, die im Experiment von einem Honigtropfen angelockt wurden, setzten sie ihren Wehrstachel wie bei der Jagd ein. Die Eindringlinge wurden aber nicht getötet. Stattdessen zogen sie sich in allen beobachteten Fällen zurück - selbst dann, wenn sie größer und in der Überzahl waren. Das über den Stachel abgegebene Substanzgemisch hat also eine dreifache Wirkung: Es ruft Freunde herbei, schreckt Feinde ab und tötet Beutetiere.
Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass die von Crematogaster-Arten freigesetzten Stoffe aus der sogenannten Dufour-Drüse im Hinterleib der Tiere stammen, die mit einer Giftdrüse verbunden ist. Die Forscher haben nun begonnen, den Inhalt der Drüse chemisch zu analysieren. Dabei haben sie unter anderem ein Alkaloid entdeckt, das möglicherweise beim Austritt aus dem Stachel in kleinere Moleküle zerfällt. Diese leicht flüchtigen Substanzen sind wahrscheinlich für die Giftwirkung verantwortlich. Die Biologen hoffen, dass sich eine chemisch hergestellte Substanz mit ähnlichen Eigenschaften als hocheffektives Insektizid eignen könnte.