Ameisen setzen Giftgas gegen Termiten ein

Freisetzung leicht flüchtiger Substanzen tötet Beutetiere aus sicherer Entfernung
Crematogaster striatula-Ameisen nähern sich einer bereits gelähmten Termite.
Crematogaster striatula-Ameisen nähern sich einer bereits gelähmten Termite.
© A. Rifflet et al.; PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0028571
Toulouse (Frankreich) - Arbeiterinnen einer räuberischen afrikanischen Ameisenart verfügen über eine hochwirksame chemische Waffe. Zur Beutejagd setzen sie ein leicht flüchtiges Gift aus ihrem Wehrstachel frei, das Termiten lähmt und schnell tötet, berichten französische Biologen. Bei diesem Giftgaseinsatz kommt es zu keinem direkten Kontakt zwischen Räuber und Beute. Es wird auch keine Flüssigkeit auf das Opfer gespritzt. Die freigesetzten Substanzen locken weitere Nestbewohner zur Unterstützung an, während fremde Ameisen mit schnellem Rückzug reagieren. Die chemische Analyse der Giftstoffe könnte helfen, neue Schädlingsbekämpfungsmittel zu entwickeln, schreiben die Forscher im Online-Journal "PLoS One".

"Unsere Ergebnisse sind eine Grundlage für die Suche nach natürlichen Insektiziden, die auch gegen resistente Insekten wirksam sind", sagt Angelique Vetillard von der Universität von Toulouse, die Leiterin des Forscherteams. Die Biologen untersuchten das Jagdverhalten von Crematogaster striatula, einer afrikanischen Art baumbewohnender Knotenameisen. Mit einer Körperlänge von knapp 3,5 Millimetern sind die Arbeiterinnen nur halb so groß wie Termiten, ihre Hauptbeutetiere. Diese Ameisen verfügen über einen Stachel am Hinterleib, der aber nicht zum Stechen eingesetzt wird. Wie ein Skorpion können sie Hinterleib und Stachel anheben und gegen einen Feind oder die Beute richten.

Eine solche Haltung nimmt die Ameise sofort ein, wenn sie auf eine Termite trifft. Dann setzt sie Substanzen frei und ruft dadurch weitere Ameisen aus einem Umkreis von 15 Zentimetern herbei. Auch diese richten ihre Stachel auf die Beute und nähern sich ihr, ohne sie aber zu berühren. Innerhalb von zehn Minuten beginnt die Termite zu zittern und fällt auf den Rücken. Erst wenn sich auch ihre Beine nicht mehr bewegen, ergreifen die Ameisen ihre Beute und tragen sie ins Nest. Trafen die Ameisen in ihrem Revier auf Ameisen einer anderen Art, die im Experiment von einem Honigtropfen angelockt wurden, setzten sie ihren Wehrstachel wie bei der Jagd ein. Die Eindringlinge wurden aber nicht getötet. Stattdessen zogen sie sich in allen beobachteten Fällen zurück - selbst dann, wenn sie größer und in der Überzahl waren. Das über den Stachel abgegebene Substanzgemisch hat also eine dreifache Wirkung: Es ruft Freunde herbei, schreckt Feinde ab und tötet Beutetiere.

Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass die von Crematogaster-Arten freigesetzten Stoffe aus der sogenannten Dufour-Drüse im Hinterleib der Tiere stammen, die mit einer Giftdrüse verbunden ist. Die Forscher haben nun begonnen, den Inhalt der Drüse chemisch zu analysieren. Dabei haben sie unter anderem ein Alkaloid entdeckt, das möglicherweise beim Austritt aus dem Stachel in kleinere Moleküle zerfällt. Diese leicht flüchtigen Substanzen sind wahrscheinlich für die Giftwirkung verantwortlich. Die Biologen hoffen, dass sich eine chemisch hergestellte Substanz mit ähnlichen Eigenschaften als hocheffektives Insektizid eignen könnte.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Paralyzing Action from a Distance in an Arboreal African Ant Species", Aline Rifflet et al.; PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0028571


 

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