Alzheimer: Gestörte Müllabfuhr im Hirn

Defekte Immunzellen, die Ablagerungen nicht mehr vollständig beseitigen, könnten bei der Entwicklung der Demenz eine Rolle spielen
Bei der Alzheimer-Demenz bilden sich unter anderem Ablagerungen von Beta-Amyloid (blau) zwischen den Nervenzellen.
Bei der Alzheimer-Demenz bilden sich unter anderem Ablagerungen von Beta-Amyloid (blau) zwischen den Nervenzellen.
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Stanford (USA) - Im Hirngewebe patrouillieren ständig spezielle Immunzellen, um defekte Proteine, Reste abgestorbener Zellen und andere Ablagerungen aufzuspüren. Diese sogenannten Mikrogliazellen erkennen solchen zellulären Müll, nehmen ihn in sich auf und bauen ihn ab. Bei Alzheimer-Patienten ist dieser Prozess der Phagozytose gestört, berichten jetzt amerikanische Forscher im Fachblatt „Neuron“. Das könnte dazu beitragen, dass auch Ablagerungen von Beta-Amyloid nicht mehr verhindert werden können. Die krankheitstypische Anhäufung dieses Eiweißstoffs ist für das Absterben von Nervenzellen verantwortlich. Möglicherweise ließe sich das Fortschreiten der Alzheimer-Demenz verlangsamen, wenn die gestörte Funktion der Mikrogliazellen wiederhergestellt würde.

„Wenn die Mikrogliazellen den zellulären Müll im Gehirn nicht vollständig beseitigen, kann er Entzündungen auslösen und Nervenzellen schädigen“, sagt Tony Wyss-Coray von der Stanford University. In welchem Maß Mikrogliazellen auch daran beteiligt sind, Beta-Amyloid-Ablagerungen zu verhindern, ist noch nicht geklärt. Das Forscherteam von Wyss-Coray konnte allerdings zeigen, dass eine wichtige Funktion dieser Zellen bei Alzheimer-Kranken gestört ist. Die Mikrogliazellen von fünf verstorbenen Patienten enthielten 80 Prozent weniger Beclin als die von fünf nicht an der Demenz erkrankten Vergleichspersonen. Das Protein Beclin wird für den Prozess der Phagozytose benötigt. Es sorgt für ein ständiges Recycling von Rezeptorproteinen, die den ersten Kontakt mit dem zellulären Müll an der Zelloberfläche herstellen.

Mikrogliazellen von Mäusen, deren Beclin-Produktion auf die Hälfte gedrosselt wurde, waren in ihrer Phagozytose-Fähigkeit stark beeinträchtigt. Ins Hirn dieser Tiere injiziertes Beta-Amyloid wurde deutlich langsamer beseitigt als bei normalen Mäusen. Wodurch sich bei Alzheimer-Patienten die Beclin-Produktion im Alter verringern könnte, ist noch nicht bekannt. Das geschehe aber wahrscheinlich nicht als Folge der Beta-Amyloid-Ablagerungen, sondern gehe diesen voraus, sagt Wyss-Coray. Die vorliegenden Forschungsergebnisse müssten nun zunächst durch weitere Untersuchungen an Hirnzellen verstorbener Patienten überprüft werden. Eine Bestätigung würde deutlich machen, dass man sich bei der Erforschung der Alzheimer-Demenz und anderer degenerativer Hirnkrankheiten nicht allein auf Nervenzellen beschränken, sondern auch andere Hirnzellen berücksichtigen sollte.

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