Also doch: Rauchen beschleunigt Krankheitsverlauf von Alzheimer

Im Tierversuch verschlimmerte eingeatmeter Zigarettenrauch die krankhaften Veränderungen im Gehirn
Houston (USA) - Bisherige Studien lieferten widersprüchliche Ergebnisse: Erhöht Rauchen das Alzheimer-Risiko oder hat das Nikotin sogar einen schützenden Einfluss, weil es Hirnzellen stimuliert? Jetzt haben amerikanische Forscher in Experimenten mit Mäusen die Wirkung des gesamten Zigarettenrauchs auf das Gehirn untersucht, anstatt sich nur auf das Nikotin zu beschränken. Dabei simulierten sie realistischer als bisher, wie Raucher dem Tabakrauch ausgesetzt sind. Die Resultate waren eindeutig: Schon bei leichtem Zigarettenkonsum verschlimmerten sich die krankheitstypischen Ablagerungen und das Ausmaß an Entzündungsprozessen im Gehirn der Tiere, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Communications“.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Zigarettenrauchen den Beginn der Alzheimer-Demenz beschleunigen und die Krankheitsmerkmale verschlimmern könnte“, schreiben die Forscher um Claudio Soto von der University of Texas in Houston. Für ihre Versuche setzten sie genetisch veränderte Mäuse ein, in deren Erbgut zwei mutierte menschliche Gene eingebaut waren. Das bewirkte, dass die Tiere im Alter von 5 bis 6 Monaten im Hippocampus und der Großhirnrinde Ablagerungen aus dem Eiweißstoff Beta-Amyloid bildeten, die auch für Alzheimer-Patienten typisch sind.

Ab dem dritten Lebensmonat verbrachten die Mäuse vier Monate in einer speziell konstruierten Rauchkammer. Darin wurden an fünf Tagen pro Woche Zigaretten angezündet, an deren Mundstück eine Pumpe Luft ansaugte. Diese gelangte über einen Schlauch wieder in die Kammer, so dass die Tiere letztlich den gesamten Tabakrauch einatmeten, ähnlich wie es Raucher tun. Die Dosis wählten die Forscher so, dass sie entweder der Nikotinaufnahme eines leichten Rauchers oder nur der eines Passivrauchers entsprach. Als Kontrolle dienten Mäuse, die in derselben Versuchsanordnung die gleiche Zeit ohne brennende Zigaretten verbrachten.

Mikroskopische Präparate von Hirngewebe gaben schließlich Auskunft darüber, wie stark die Demenz am Ende des Experiments fortgeschritten war. Das Ausmaß von Beta-Amyloid-Ablagerungen und Entzündungsreaktionen war nach dem höheren Zigarettenkonsum deutlich größer als bei den Kontrolltieren. Für die geringere Dosis ergaben sich dagegen keine Unterschiede. Die größere Menge an eingeatmetem Tabakrauch hatte auch krankhafte Veränderungen der sogenannten Tau-Proteine in den Hirnzellen verstärkt. Bei Alzheimer-Kranken bilden diese veränderten Proteine eine zweite Form typischer Ablagerungen, die als Neurofibrillen bezeichnet werden. Ein durch den Rauch beschleunigtes Absterben von Hirnzellen ließ sich allerdings nicht nachweisen. Die Forscher wollen nun versuchen, den Mechanismus aufzuklären, durch den die beobachteten Veränderungen zustande kommen. Außerdem bleibt zu prüfen, wieweit die Ergebnisse tatsächlich auf den Menschen übertragbar sind.

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