Akustische Superlinse aus Coladosen

Metamaterial aus symmetrisch angeordneten Getränkedosen zeigt negativen Brechungsindex für Schallwellen, die sich ungewöhnlich stark fokussieren lassen
Akustische Superlinse aus Getränkedosen: Vielfache Streuung von Schallwellen nahe der Resonanzfrequenz der Dosen verursacht einen negativen Brechungsindex. Ungewöhnlich starke Fokussierung von Schallwellen wird damit möglicht.
Akustische Superlinse aus Getränkedosen: Vielfache Streuung von Schallwellen nahe der Resonanzfrequenz der Dosen verursacht einen negativen Brechungsindex. Ungewöhnlich starke Fokussierung von Schallwellen wird damit möglicht.
© Benjamin Boccas, Institut Langevin
Paris (Frankreich) - Mit Metamaterialien aus symmetrisch angeordneten Mikro- und Nanostrukturen wurden bereits zahlreiche Tarnkappen für Licht entwickelt. Doch auch die Ausbreitung von Schallwellen lässt sich mit akustischen Metamaterialien, die sich aus viel größeren Strukturen konstruieren lassen, stark beeinflussen. Dies demonstrierten nun französische Forscher in einem ungewöhnlichen Experiment mit einem Metamaterial aus Dutzenden von Getränkedosen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, konnten sie Schallwellen dank der symmetrischen Anordnung der Dosen ungewöhnlich stark fokussieren.

Verantwortlich für diesen Superlinsen-Effekt war der negative Brechungsindex des Metamaterials. Dieser sorgte dafür, dass Schallwellen nicht wie sonst üblich zum Lot hin, sondern in die entgegengesetzte Richtung gebrochen wurden. Geoffroy Lerosey und seine Kollegen vom Institut Langevin in Paris simulierten in aufwendigen Computermodellen die Ausbreitung der Schallwellen durch eine Superlinse aus Getränkedosen, die in einem regelmäßigen Wabenmuster aufgestellt wurden. Das Ergebnis: Beide Komponenten einer Schallwelle – Schalldruck und Schalldichte – ließen sich so beeinflussen, dass die Schallwellen negativ gebrochen wurden.

Diese Theorie überprüften die Akustikforscher darauf in einem ungewöhnlichen Experiment. Sie ordneten 124 leere Getränkedosen in einem regelmäßigen Wabenmuster auf. So bildete dieses akustische Metamaterial die gewünschte Superlinse. Aus einem Lautsprecher sendeten sie Schallwellen auf diese Struktur und zeichneten die gebrochenen Schallwellen mit einem Mikrofon auf. Die Messungen zeigten eindeutig, dass die Schallwellen durch diese Linse negativ gebrochen und so stark fokussiert werden konnten, wie es mit keiner anderen Methode bisher möglich war.

Dieses Schallbündelung funktionierte bisher nur für eine Frequenz von 417,5 Hertz. Das entsprach etwa der Tonhöhe eines eingestrichenen Gis (gis´). Dieser Ton lag ein wenig neben der Resonanzfrequenz der einzelnen Getränkedosen von 420 Hertz. Genau diese kleine Differenz war für die vielfache Streuung der Schallwellen an den Getränkedosen verantwortlich, die in ihrer Summe einer negativen Wellenbrechung entsprach.

„Eine Getränkedose ist das akustische Äquivalent zu einem Atom, das mit Lichtwellen interagiert“, sagt Geoffroy Lerosey. Der Unterschied liege vor allem in der Wellenlänge von 82 Zentimeter für die verwendeten Schallwellen im Vergleich zu sichtbaren Lichtwellen zwischen 380 und 780 Nanometern Länge. Daher ist er davon überzeugt, dass sein relativ einfacher Konstruktionsplan für Metamaterialien auch auf elektromagnetische Wellen erweitert werden könnte. Sollte es in strenger Analogie gelingen, auch aus Atomen oder winzigen Nanoteilchen entsprechende Wabenstrukturen zu entwickeln, wären auch stark bündelnde Superlinsen für Licht möglich.

Doch auch Superlinsen aus akustischen Metamaterialien könnten einige interessante Anwendungen ermöglichen. So ließen sich etwa störende Schallwellen gezielt um eine Lärmschutzzone herumführen. In ferner Zukunft wären sogar akustische Tarnkappen vorstellbar, um etwa verräterische Geräusche von U-Booten selbst vor einem hochempfindlichen Sonarsystem zu verbergen.

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