3D-Druck: Künstliches Gewebe imitiert Zellfunktionen
„Bisher fügten wir bis zu 35.000 Tröpfchen zu Netzwerken zusammen“, sagt Hagan Bayley, Chemiker an der University of Oxford. Aus der Düse eines modifizierten 3D-Druckers spritzten die Wissenschaftler etwa ein Tröpfchen pro Sekunde in einen deutlich größeren Öltropfen. Stück für Stück entstand so ein flexibles Netzwerk, das in seiner Konsistenz dem weichen Gewebe von Organen oder Hirnmasse ähnelte. Jeder Tropfen wurde dabei von einer hauchdünnen Schicht aus Fettmolekülen umhüllt – analog zu der Membran um eine lebende Zelle.
Das Drucken dieser weichen und wässrigen Masse allein wäre noch kein großes Kunststück. Daher fügten Bayley und Kollegen zusätzlich biologische Membranproteine in die dünne Hülle der Tröpfchen. So ausgestattet konnte das künstliche Gewebe nun elektrische Signale ähnlich wie bei lebenden Nervenzellen leiten. Über porenartige Öffnungen waren die Tröpfchen sogar fähig, Flüssigkeiten über Osmoseprozesse auszutauschen. Das ermöglichte kleine Bewegungen und Formänderungen. Ein flach ausgedrucktes Netzwerk etwa konnte sich so selbstständig zu einer kugelförmigen Struktur falten.
Mit der Weiterleitung von elektrischen Reizen und osmotischen Bewegungen kann das gedruckte Kunstgewebe erste, rudimentäre Zellprozesse nachahmen. Diese Fähigkeiten könnten etwa für die gezielte Freisetzung von Medikamenten im Körper eines Patienten genutzt werden. Die weitaus komplexeren Vorgänge in echten Organen wird dieses künstliche Gewebe allerdings kaum übernehmen können. Dennoch halten es Bayley und Kollegen prinzipiell für möglich, mit unterschiedlichen Tropfentypen und der Vielzahl verfügbarer Membranproteine weitere Tröpfchen-Netzwerke mit den je nach Anwendung gewünschten Eigenschaften entwickeln und drucken zu können.